Die Verarsche mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK)

oder wie man schnell mal eben ~ 14 Milliarden Euro rechtfertigt

Letzte Änderung: 15.05.2017 01:00

Vor vielen vielen Monaten (ich denke es waren so ca. 4 oder 5 an der Zahl), da erhielt ich Post von meiner Krankenkasse, der BARMER GEK.

Ich wurde freundlich darum gebeten, dass ich Ihnen doch bitte ein biometrisches Passbild von mir zusenden möge, damit sie mir meine elektronische Gesundheitskarte erstellen können.
Ich war allerdings nicht an dieser Karte interessiert. Bringt sie mir doch wenig Nutzen, vielmehr aber Sorge um den Datenschutz, Verlust der Handhabe über meine Daten und dergleichen mehr mit sich.

Also habe ich mich entschlossen, das ganze ein wenig auf die Schippe zu nehmen. Schließlich steht auf dem Blatt geschrieben, dass “Versicherte, deren Mitwirken beim Erstellen des Lichtbildes nicht möglich ist, […] eine Karte ohne Lichtbild [erhalten]”. Ich war nicht bereit mitzumachen und habe mich dazu entschlossen, Ihnen stattdessen ein biometrisches Bild eines Kaspers zuzusenden (ja ich habe es tatsächlich geschafft, dass er durch die Kontrolle gekommen ist :)).

Es kam erstmal längere Zeit keine Antwort, ca. 2 Monate später dann die gleiche Erinnerung erneut, bitte ein Bild einzusenden. Diese habe ich dann - der Spaß hatte seinen Zweck ja scheinbar verfehlt - dem Recyclingkreislauf zugeführt.

Die nächste Erinnerung an mein Bild kam per Telefon. Eines unserer Familienmitglieder wurde angerufen und gebeten, mir bitte auszurichten, dass ich doch bitte ein Passbild in der nächsten Geschäftsstelle einreichen möge. Auch diesen Anruf habe ich nicht “erhalten” und gekonnt ignoriert.

Heute, ca. fünf Monate später kam dann ein etwas deutlicherer Brief mit teils grenzwertigen “Drohungen”, welche ich euch kurz zusammengefasst nicht vorenthalten möchte:

  1. Meine bisherige Krankenkassenkarte wird durch die neuen elektronischen Gesundheitskarte abgelöst
    • Für ein Projekt, welches seit dem 1. Januar 2006 als eingeführt gilt wirklich eine Glanzleistung - so knappe sieben Jahre später ;)
  2. Im kommenden Jahr brauchen Sie eine eGK, um in Kliniken und Arztpraxen behandelt werden zu können.
    • Und ich dachte immer, ich werde von einem Arzt behandelt und nicht von einer elektronischen Kunststoffkarte?! Abgesehen davon, dass ich es sehr spaßig finde, dass meine Behandlung vom Besitz einer Kunststoffkarte abhängig gemacht wird. Sollte ich diese Karte “versehentlich” mal verlieren und ohne Karte beim Arzt auftauchen werde ich trotzdem behandelt - lediglich der “Registrationsprozess” an der Anmeldung dauert länger, da die Sprechstundenhilfe bei meiner Versicherung die Daten anfordern muss. Und das funktioniert tatsächlich ;)
  3. Ihre bisherige Versichertenkarte verliert ab dem 01.01.2014 ihre Gültigkeit.
    • Also auf meiner Karte steht als Gültigkeitsdatum September 2016 - wusste garnicht, dass man mal so eben ein festgeschriebenes Gültigkeitsdatum anulieren und die Aushändigung eines Ersatzes vom Einsenden eines Passbildes abhängig machen darf?

      UPDATE:
      Wurde freundlicherweise von Dennis auf folgende aktuelle Einigung aufmerksam gemacht:

      Die bisher fehlende Einigung zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung existiert inzwischen und tritt am 01.10.2013 in Kraft.

      Bundesmantelvertrag - Ärzte (BMV-Ä)
      §19 - Elektronische Gesundheitskarte/Krankenversichertenkarte

      BMV-Ä Anlage A
      §4 - Einführung der elektronischen Gesundheitskarte

      Dort steht: “Ab 01.01.2014 gilt grundsätzlich gemäß § 19 BMV-Ä die elektronische Gesundheitskarte als Nachweis für die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen. Die Krankenversichertenkarte verliert damit zum 31.12.2013 ihre Gültigkeit.
  4. Sie kann in 2014 von Ärzten, Therapeuten und Kliniken nicht mehr akzeptiert werden.
    • Sie kann aber durchaus auch doch akzeptiert werden ;) Und wenn mein Arzt mich nicht mehr behandeln möchte - dann gehe ich eben zum nächsten. Angebot und Nachfrage heißt das glaub ich in der Wirtschaft. Und meine Bezügemitteilungen zeigen schwarz auf weiß, dass ich regelmäßig meine Beiträge bezahle…
  5. Auch Karten mit Gültigkeitsdatum über das Jahr 2013 hinaus verlieren ihre Gültigkeit.
    • Ach stimmt, weil das hier steht ist das so. Gut dass wir Bürger immer so prompt und ausführlich informiert werden…
  6. Sorgen Sie am besten heute noch dafür, dass Sie in Kürze eine neue Versicherungskarte erhalten können.
    • Klingt fast wie in der Werbung: Wenn Sie gleich anrufen, erhalten die ersten 1000 Anrufer einen rosa Plüschteddy gratis dazu.

Nachdem ich diesen Brief gelesen hatte, war mir klar, dass ich mit dieser Versicherung wohl etwas deutlicher kommunizieren musste. Daraufhin habe ich - bin ja ein naiver und unmündiger Bundesbürger - in eine Suchmaschine folgenden Satz eingegeben: “elektronische gesundheitskarte will ich nicht” (ja liebe ITler, normalerweise würde ich so eine Suchanfrage präziser formulieren ;))

Folgende Seiten erhielt ich als Ergebnis:

Im ersten Artikel des Tagesspiegel steht beispielsweise folgende Passage:

Im Versorgungsstrukturgesetz 2012 hat der Bund einen Absatz untergebracht, der die Kassen dazu auffordert, 70 Prozent der Versicherten bis Ende 2012 mit einer elektronischen Gesundheitskarte auszustatten.

Die Meldefrist läuft allerdings noch bis Ende Januar. Falls eine Kasse dieses Ziel nicht erreicht, darf sie ihre Verwaltungsausgaben im Jahr 2013 nicht erhöhen. Für eine Krankenkasse ist das eine empfindliche Strafe. Wegen Inflation und Tarifbestimmungen steigen die Ausgaben jedes Jahr automatisch. Die Gelder dafür stammen aus dem Gesundheitsfonds, werden diese eingefroren, fehlt das Geld an einer anderen Stelle. Die Krankenkassen hatten also einen starken Anreiz, die von der Regierung geforderte 70-Prozent-Quote zu erreichen. Sie können ihre Kunden allerdings nicht zwingen.

Quelle: Tagesspiegel

Worum gehts also wieder mal nur? Ach ja, ums Geld
Und im letzten Absatz steht es schwarz auf weiß - sie können die Kunden nicht zwingen! 

Die folgende Passage bezieht sich auf die “auslaufende Akzeptanz” der alten Gesundheitskarte:

Diese Aussagen der Kasse[n] sind allerdings falsch oder zumindest grob irreführend. Ein fester Termin, zu dem alte Karten ihre Gültigkeit verlieren, sei derzeit nicht geplant und werde auch nicht kommen, bevor nicht annähernd 100 Prozent der Versicherten eine eGK besitzen

Quelle: Tagesspiegel

Danke liebe Krankenkasse, dass ihr mir so reinen Wein einschenkt, nur dass bei euch finanziell alles im Lot ist…

Die eGK ist ein ambitioniertes Zukunftsprojekt: Eigentlich sollte die Gesundheitskarte das Bezahlsystem der Kassen revolutionieren, Versicherungsbetrug verhindern, Kosten sparen, Notfalldaten und Patientenakten speichern und den Austausch zwischen Ärzten erleichtern. Doch all das steht noch in den Sternen, die Realität sieht anders aus. Seit 2005 wurden Milliarden Euro in das Projekt investiert. Ein Sprecher der eigens für die Umsetzung der notwendigen Infrastruktur gegründeten Gesellschaft „gematik“ hat im Jahr 2009 die möglichen Gesamtkosten des Projekts auf 14 Milliarden Euro beziffert. Viel Geld für eine Karte, die bislang bis auf ein Foto des Versicherten die gleichen Funktionen hat wie die alte Versichertenkarte.

Quelle: Tagesspiegel

Ich habe hier mal die Vorteile für die Krankenkassen ROT, die Vorteile für den Bürger GRÜN markiert. Ich denke da brauche ich nicht viel dazu sagen. Und die 14 Milliarden Euro - ach zahlt doch alles der Steuerzahler … schließlich will der doch gesund werden, wenn er mal krank ist oder?! Wir sparen um jeden Preis, koste es was es wolle.

Eine ordentliche Meinungsbildung besteht aber ja natürlich nicht nur aus einem Artikel. Also habe ich mir die Links an zweiter und dritter Stelle auch noch angesehen. Vorallem ersterer ist wirklich hilfreich und aufklärend gewesen. Ich lege jedem, der sich auch meinen Artikel hier zu Gemüte geführt hat ans Herz, selbiges mit diesem Artikel zu tun: Ich will keine Elektronische Gesundheitskarte

Bin gespannt, wie sich diese Sache nun weiter entwickelt und werde in diesem Artikel weiter darüber berichten.


Für diese Recherche im Internet zu dem Thema habe ich all together knappe 15 Minuten gebraucht (wehe es jammert jetzt nochmal jemand, dass man heutzutage nichts gegen sowas unternehmen kann - allein eine Viertelstunde Recherche zu politischen Themen reichte hier für eine umfassende Meinungsbildung) und ich hatte ein klareres Bild der Realität. Es muss nicht alles wahr und richtig sein, was in diesen Artikeln steht und auch meine Wahrnehmung ist nur subjektiv, aber eines ist mir klar. ICH brauche bisher keine elektronische Gesundheitskarte (habe auch keinen elektronischen Personalausweis - Warum? Weil ich auch diesen NICHT brauche!)

Hier nochmal meine Argumente GEGEN sämtliche elektronischen Karten:

  • Speicherung von hochsensiblen Krankheitsdaten auf Servern von “Subunternehmern”, welche angeblich garantieren, immer nach dem höchsten Sicherheitsstandard zu arbeiten (unbewusst dessen, dass sie sich dann selbst aus dem Betrieb aussperren müssten). KEIN elektronisches System ist sicher - soviel ist sicher ;)
  • Ein biometrisches Passbild - ich hoffe euch ist bewusst, dass ihr eure biometrischen Körpermerkmale in eurem Leben NIE ändern könnt (außer ihr macht extreme Schönheitschirurgie). EINMAL biometrisch erfasst, IMMER biometrisch erkennbar. Kein Wenn und Aber. Da gibt es keine Möglichkeit, mal schnell das “Passwort” zu ändern.
  • NIEMAND kann mir für 100%igen Datenschutz garantieren - dafür habe ich selbst schon genug Datenskandale erlebt, die “bedauerlicherweise” aus diesem und jenem Grund aufgetreten sind…
  • Einfachste elektronische Analyse der Daten - mit unabsehbaren Folgen

Und hier die Argumente FÜR sämtliche elektronische Karten:

  • Bequem (und das wird die Bevölkerung von heute in erschreckend zunehmendem Maße)
  • Einfach (ich muss mich nichtmal mit meiner Krankheit beschäftigen, ist ja alles auf der Karte drauf und der Arzt soll das wieder heile machen, dafür ist er doch da - oder?!)
  • Schnell (mal eben kurz den Krankheitsverlauf der letzten 40 Jahre kopieren? Kein Problem, in 5 Sekunden ist alles Sensible auf einem USB-Stick und außerhalb jeglicher Kontrolle)

Hoffentlich ist euch beim Lesen der Für-Argumente aufgefallen, dass viele Menschen aus meiner bescheidenen Sicht momentan in eine sehr gefährliche Richtung laufen.
Hauptsache ich muss für mein Leben keine Verantwortung mehr übernehmen und alles was ich tue ist Bequem, Einfach und geht schnell. Ob das nun Einkaufen, Bestellen, Verschicken, Versenden, Bearbeiten, oder sonstige Tätigkeiten sind. Schönes langweiliges Leben. Glücklicherweise nicht meines ;)

Christian

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